Kritik an Sendezeiten: Aufstand bei der ARD
Kritik an Sendezeiten: Aufstand bei der ARD
Im Ersten will man das Programm umbauen. Aber dagegen regt sich nun innerhalb der ARD ungewohnt deutlicher und prominenter Widerstand. In mehreren offenen und internen Schreiben geht es derzeit zur Sache. Vor allem der geplante Umbau der Politmagazine und des Auslandsmagazins Weltspiegel – zweier öffentlich-rechtlicher Kernmarken – sorgt für Unruhe und heftige Appelle an die Intendanten und Programmverantwortlichen. ….
Sie sehen in den Plänen eine „Marginalisierung der Auslandsberichterstattung“. Durch eine Beschädigung der Sendeplätze von Weltspiegel, Weltspiegel Reportage und Weltspiegel Extra würde die ARD „ihre Reputation als öffentlich-rechtlicher Sender selbst empfindlich beschädigen“, und das in Zeiten „einer erneuten Diskussion um die Legitimation dieses Rundfunks und die Gebührenakzeptanz“, heißt es in dem Schreiben, das sich liest wie der Einwurf eines öffentlich-rechtlichen Ältestenrats.
Programmchefin Strobl erklärt dagegen auf SZ-Anfrage, man wolle „gerade das einzigartig breite Netz der Korrespondentinnen und Korrespondenten“ nach den Tagesthemen dafür nutzen, die Themen aus dem Nachrichtenformat direkt im Anschluss zu vertiefen und zu erläutern. Der Weltspiegel bleibe Kern der ARD-Auslandsberichterstattung, deren Umfang gestärkt werden und um filmische Formate wie 30-minütige Dokus erweitert werden solle. Die ARD-Mediathek brauche in der Konkurrenz mit internationalen Streaming-Angeboten einen auch für jüngere Menschen attraktiven Doku- und Reportage-Bereich, der die Welt im Blick habe. ….
Die sechs Politmagazine im Ersten – Panorama, Monitor, Kontraste, Fakt, Report Mainz und Report München – kommen von verschiedenen ARD-Anstalten mit ihrer jeweils eigenen Handschrift unter jeweils eigenem Label auf zwei Sendeplätzen pro Woche im Ersten. Die Politmagazine gelten auch als Hort der ARD-internen politischen Vielfalt. Sie gehören zum Gründungsinventar des öffentlich-rechtlichen Auftrags und widmen sich oft Themen, die wenig gute Laune machen (vorigen Donnerstag kommentierte Monitor unter anderem das Thema „Euro 2020: Scheiterhaufen der Moral“ ). …
Nun wird offenbar überlegt, ihre Schlagzahl von 90 Sendeplätzen pro Jahr auf 66 zu reduzieren, für einen Teil der weggefallenen Magazinsendungen könnten die Redaktionen den Auftrag zu längeren Doku-Beiträgen erhalten. Programmchefin Strobl teilte auf Anfrage mit: „Wir wollen die politische Berichterstattung im Ersten und der Mediathek ausbauen und einen neuen Schwerpunkt ,investigativen Journalismus‘ schaffen.“
https://www.sueddeutsche.de/medien/fernsehen-ard-politikmagazine-weltspiegel-1.5349837
Streit um »Weltspiegel«-Sendeplatz Namhafte Korrespondenten appellieren an die ARD
»Erstklassige Auslandsberichterstattung darf nicht zweitklassigem Bundesliga-Fußball geopfert werden«: Der Streit um den ARD-»Weltspiegel« geht in die nächste Runde. Nun melden sich namhafte Korrespondenten zu Wort. …. Unterschrieben wurde das Papier unter anderem von Sonia Seymour-Mikich, Claus Kleber und Fritz Pleitgen …. In dem aktuellen Schreiben heißt es nun: »Durch eine Beschädigung dieser Sendeplätze – oder gar deren Streichung – würde die ARD ihre Reputation als öffentlich-rechtlicher Sender selbst empfindlich beschädigen – und das in Zeiten einer erneuten Diskussion um die Legitimation dieses Rundfunks und die Gebührenakzeptanz. Auch aus diesen Gründen appellieren wir dringend, auf die bekannt gewordenen Programm-Änderungspläne zu verzichten. Auf jeden Fall muss der Weltspiegel einen Zuschauer-attraktiven Sendeplatz behaltet.« Und weiter: »Erstklassige Auslandsberichterstattung darf nicht zweitklassigem Bundesliga-Fußball geopfert werden.«
Hinweis der Redaktion: Die Politikmagazine und der Weltspiegel müssen die Veränderungen aus ihrem Finanzbestand heraus finanzieren? Die ARD könnte sich auch entscheiden, die Stärkung der Mediatheken im politisch-investigativen Bereich “on Top”-finanziert voranzutreiben. (Was würde es kosten? Mehr als die Rechtekosten für ein Nations League Spiel? Oder reichen schon die Mittel für zwei Donnerstags-Krimis oder eine Florian-Silbereisen-Show?)