Stillstand beim ÖRR ist keine Option
Studie: Mehr Mitsprache von Mitarbeitern bei Rundfunk-Reform
Eine Studie fordert, Expertenwissen von Mitarbeitern stärker bei den Reformplänen für ARD, ZDF und Deutschlandradio zu berücksichtigen. Im Online-Bereich sollten demnach alle Beschränkungen wegfallen.
In der Debatte um die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland kommt nach Ansicht der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung (OBS) die Expertise von Beschäftigten von ARD, ZDF und Deutschlandradio bisher deutlich zu kurz. Die Mitarbeiter der Rundfunkanstalten sollten stärker in die Reform und die Entwicklung von neuen Strategien einbezogen werden, heißt es in einem OBS-Arbeitspapier zur Rundfunkreform, das dem KNA-Mediendienst vorliegt: “Die Mitarbeiter erstellen das Programm und kennen das Publikum. Sie wissen, wie die Sender funktionieren und wie es besser und effektiver geht”. […]
Mit Blick auf Herausforderungen der Digitalisierung rät die Stiftung, den Auftrag für alle öffentlich-rechtlichen Angebote konsequent technologieneutral zu formulieren: “So wäre es weitestgehend den Rundfunkanstalten überlassen, ob sie ihren Auftrag über lineare oder nicht-lineare Kanäle erfüllen.” Dazu sollten auch sämtliche bisher bestehenden Restriktionen im Onlinebereich wie die Begrenzung der Verweildauer in den Mediatheken abgeschafft werden.
Auch das Verbot der Presseähnlichkeit solle fallen. In diesem zwischen Verlagen, Sendern und Politik umstrittenen Feld sollte der Fokus “gesetzgeberisch auf Kooperationen zwischen Presse und Rundfunk und die Sicherstellung der Grundversorgung mit lokaler und regionaler Berichterstattung gelegt werden”, schreibt Kalbhenn. […]
Für die ARD empfiehlt das Papier eine noch stärkere regionale Fokussierung: “So könnte konkret definiert werden, dass die ARD für eine bestimmte regionale Ebene (z.B. Landkreise) alle wesentlichen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen abbilden muss.”
Das Papier fordert wie der Zukunftsrat mehr Transparenz bei den Anstalten, besonders bei Rechteverträgen und Programmmitteln.
https://www.evangelische-zeitung.de/studie-mehr-mitsprache-von-mitarbeitern-bei-rundfunk-reform
Studie fordert: Mehr Mitarbeiter-Partizipation und mehr Regionalität bei der ARD
Eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung ordert, Expertenwissen von Mitarbeitern stärker bei den Reformplänen für ARD, ZDF und Deutschlandradio zu berücksichtigen. Im Online-Bereich sollten demnach alle Beschränkungen wegfallen.
Kalbhenn hält es darüber hinaus für notwendig, „Vorkehrungen zu treffen, um in zukünftig medial unterversorgten Regionen auch die Grundversorgung mit lokaler Berichterstattung sicherstellen zu können“. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk könne „eigenproduzierte Inhalte in gewissem Umfang zuvor akkreditierten lokalen Medien zur Verfügung stellen, um deren Angebote aufzuwerten und zu stabilisieren“, so der Medienrechtler. Den Sendeanstalten ist gemäß Medienstaatsvertrag eine flächendeckende lokale Berichterstattung im Internet untersagt. […]
Der Medienrechtler regt in dem Arbeitspapier ferner an, die Bündelung aller öffentlich-rechtlichen Angebote auf einer gemeinsamen Online-Plattform zu prüfen. Es gehe dabei um „ein echtes Gemeinschaftsangebot unter Einbeziehung aller Rundfunkanstalten“. Der Medienrechtler verweist hier auf die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach einem wirksamen Gegengewicht zu den profitorientierten privaten Online-Plattformen. Um dem gerecht zu werden, „bräuchte es eine entsprechend ’schwere‘ gemeinsame öffentlich-rechtliche Plattform“. Dies werde zukunftsentscheidend sein. […]
Dass die Bundesländer den Auftrag der Anstalten so ergänzen wollen, dass sie „die kulturell-föderale Vielfalt in Deutschland publizistisch abbilden“, unterstützt Kalbhenn. Dies sei im Medienstaatsvertrag zu verankern, „um die kulturell-föderale Vielfalt auch im Digitalen zu sichern und sichtbar zu halten“. Außerdem schlägt Kalbhenn vor, „den regionalen Auftrag der ARD konkreter zu definieren“. So könne beispielsweise als „regionale Ebene der Landkreis (und kreisfreie Städte)“ festgeschrieben werden. Für diese Gebiete seien „dann alle wesentlichen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen abzubilden“. […]
Der Medienrechtler und die Otto-Brenner-Stiftung kritisieren, dass bei diesem Reformprozess die Beschäftigten der Rundfunkanstalten bisher wenig Gehör finden: Sie hätten ihre Perspektiven kaum einbringen können. Aber auch die Bürger und damit die Beitragszahler seien einzubeziehen, heißt es in dem Arbeitspapier. Denkbar wäre, „einen Beitragszahlerrat“ zu schaffen.
https://medien.epd.de/article/1689
Stillstand beim ÖRR ist keine Option
Um die Integration hierzulande zu fördern, sollte es der Deutschen Welle ermöglicht werden, ihre Fremdsprachenprogramme auch im Inland zu verbreiten. „Innerhalb der öffentlich-rechtlichen Sender sollten der Deutschen Welle grundsätzlich die Sende- und Onlinerechte von Eigenproduktionen und Auftragsproduktionen zustehen, wenn nicht in Einzelfällen etwa das Bedürfnis nach Exklusivität dagegen spricht.“
Diese und weitere Reformvorschläge ließen sich besser mit einer Direktoriumsverfassung umsetzen, so Kabhenn im Fazit. Im Falle der Umstellung der Anstaltsverfassungen müssten auch die Gremienvertreter*innen entsprechend geschult werden.
https://mmm.verdi.de/aktuelle-meldungen/obs-stillstand-beim-oerr-ist-keine-option-98543
Mit einer leserfreundlichen Synopse der analysierten Reformvorschläge von Zukunftsrat und Länder-Rundfunkkommission, die um Empfehlungen des Autors erweitert werden, wendet sich die Studie an Medienakteur*innen und an alle, die sich für ÖRR-Reformen interessieren.
Wo steht die Reform des ÖRR , Jan Kalbhenn im Gespräch
Vollgas für die Öffentlich-Rechtlichen, ohne Limit
Die von der IG Metall getragene Otto-Brenner-Stiftung legt zur Reform von ARD und ZDF ein Papier vor, das es in sich hat. Würde die Politik den Vorschlägen folgen, schlüge der Presse das letzte Glöcklein.
Kalbhenns Darlegung hat zunächst Lehrbuchcharakter. Wer wissen will, wie die Länder agieren, auf welcher rechtlichen Grundlage die Sender stehen, was das Bundesverfassungsgericht sagt und was der Zukunftsrat, ist gut bedient. Erstaunlich sind nur die Schlussfolgerungen. Aus dem Umstand zum Beispiel, dass die Öffentlich-Rechtlichen – wie alle Medienmacher – sich in einer digitalen Welt bewegen, die von Onlinegiganten und Plattformkonzernen beherrscht wird, leitet Kalbhenn ab, dass sie ihre Kräfte nicht nur bündeln sollen, auf einer gemeinsamen Plattform (was schon im Gange ist), sondern tun und lassen können sollten, was sie wollen. […]
Würden die Öffentlich-Rechtlichen selbst eine Wunschliste auflegen, dürfte diese Kalbhenns Ausarbeitung ähneln. Für jemanden, der die Sache von außen betrachtet, ist es schon erstaunlich, dass er meint, nur hier finde die grundgesetzlich verankerte Pressefreiheit statt (das Bundesverfassungsgericht denkt leider genauso).
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/otto-brenner-stiftung-zu-ard-und-zdf-19915575.html
Rezepte für eine Schwächung der demokratischen Medienordnung
Am 24. und 25. Oktober sollen die Regierungscheffinnen und -chefs der 16 Bundesländer den Entwurf des Reformstaatsvertrages beraten. Sicher werden in diesem Papier, an dem die Rundfunkkommission der Länder nahezu zwei Jahre gearbeitet hat, noch einige eckige Klammern zu finden sein, die weiteren Klärungsbedarf signalisieren. In den vergangenen Wochen wird wiederholt angezweifelt, ob dieser Termin gehalten wird. Verfolgt man die intensive Arbeit in den Staatskanzleien und in der Rundfunkkommission der letzten Wochen genau, so gibt es kaum Zweifel, dass im Oktober ein Plan für die weitere Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorliegt. Ob er allerdings so ambitioniert sein wird, wie erste Überlegungen aus den Ländern hoffen ließen, ist zweifelhaft. […]
Diese Ausarbeitung analysiert die Eckpunkte der Rundfunkkommission von Deidesheim und Bingen sowie die Anregungen des Zukunftsrates. Viele dieser Vorhaben und Vorschläge werden befürwortet und für sinnvoll befunden, im Staatsvertrag festgeschrieben zu werden. […]
In wesentlichen Punkte muss den Ausführungen des Autors aber widersprochen werden, weil diese die Zielsetzung der Länder konterkarieren. […]
Wenn „sämtliche Restriktionen im Onlinebereich abgeschafft werden“ wie es der Medienrechtler aus Münster fordert, würden, private Veranstalter, Produktionsunternehmen aber auch Verlage geschädigt. Denn das heißt auch: Unbegrenzt Podcasts, Platzierung von Online-Inhalten auf allen möglichen Plattformen, neue Online-Formate, finanziert aus dem Rundfunkbeitrag ohne Begrenzung. Die Abschaffung „sämtlicher Online-Restriktionen“ würde freie Hand der Sender als Konkurrenten der Printverlage bedeuten. Das aber genau schlägt Kalbhenn vor: „Ebenfalls sollte das die Onlineaktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschränkende Verbot der Presseähnlichkeit abgeschafft werden.“ Es sei im Zeitalter nahezu vollständig konvergenter Medienangebote nicht mehr zeit- und sachgemäß und widerspreche dem Ziel der Barrierefreiheit, heißt es in der Studie. Medienvielfalt ist nicht mehr zeitgemäß?
https://www.medienpolitik.net/aktuelle-themen/aktuelle-themen/rezepte-fuer-eine-schwaechung-der-demokratischen-medienordnung-544
Hinweis I: Wenn die von Jan Kalbhenn angesprochenen Restriktionen fallen, können die Sender nicht tun und lassen, was sie wollen. Ihr Auftrag ist zum einen in den Staatsverträgen festgeschrieben. So gibt der Medienstaatsvertrag in § 26 vor: „Die öffentlich-rechtlichen Angebote haben der Kultur, Bildung, Information und Beratung zu dienen. Unterhaltung, die einem öffentlich-rechtlichen Profil entspricht, ist Teil des Auftrags. Der Auftrag im Sinne der Sätze 8 und 9 soll in seiner gesamten Breite auf der ersten Auswahlebene der eigenen Portale und über alle Tageszeiten hinweg in den Vollprogrammen wahrnehmbar sein.“ Dies müssen die Gremien evaluieren.
Zum anderen sind ihre finanziellen Mittel gedeckelt.
Hinweis II: Die „Negativliste öffentlich-rechtlicher Telemedien“ mit ihren 17 Punkte sowie das Werbeverbot bleiben erhalten.
https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/18790-MStV#x152
Hinweis III: Ab 2029 werden in Deutschland mehr als 75% der Werbeausgaben auf digitale Medien entfallen. Spätestens dann werden laut Andree klassische, redaktionelle Medien für Gegenwehr zu schwach sein: US-Plattformen würden bald kontrollieren, wen welche Informationen erreichen, die politische Meinungsbildung steuern und Inhalte gezielt verstecken oder hervorheben.
(10.10.2021) Die Zahlen sind eindeutig: Die Menschen nutzen diese Onlineangebote so gut wie gar nicht. Spiegel.de wurde von den Nutzern durchschnittliche 18 Minuten, Sueddeutsche.de durchschnittlich neun Minuten gelesen – und zwar nicht am Tag, sondern im Monat. Diese Nutzungszeiten sind tatsächlich mikroskopisch gering. […] Youtube macht allein mehr als 13 Prozent der gesamten Nutzungsdauer aus. […] Die angebliche Vielfalt des Internet ist ein gigantischer Friedhof mit Millionen weitgehend ungenutzter Webseiten. Ein fairer wirtschaftlicher Wettbewerb findet nicht statt. Kleinere Player haben keine Chance.