ZDF stärkt Böhmermann und Böhmermann stärkt „Clownswelt“
Ist Böhmermann auf dem linken Auge blind?
Böhmermann outet „Rechte“, doch ähnliche Positionen finden sich auch bei Linken. Eine differenzierte Betrachtung fehlt. […]
Der Erfolg seiner Sendung speist sich vor allem durch weitere Polarisierung. Ihm gelingt es – mit Rückendeckung der ZDF-Leitung – die Grenzen des Sagbaren zu verschieben. Kinder mit Ratten vergleichen, zur Tötung von vermeintlichen Nazis aufrufen („Nazis keulen“), Andersdenkende als „Scheißhaufen“ bezeichnen oder Beamte ungerechtfertigt als Spione denunzieren – unter dem Label der Satire ist im ZDF offenbar einiges möglich.
Die aktuelle Debatte hat gezeigt, dass die Gesellschaft in Deutschland – grob – in zwei Lager zerfällt. Für die eine Seite ist es völlig in Ordnung, das Privatleben von vermeintlichen Rechtsextremisten auszuleuchten, um einer interessierten Öffentlichkeit zu zeigen, was das für Menschen sind und in welche Fettnäpfchen sie bisher getreten sind.
https://www.telepolis.de/features/Ist-Jan-Boehmermann-auf-dem-linken-Auge-blind-10385240.html
„Clownswelt“-Enttarnung: ZDF stärkt Böhmermann
So verwies das ZDF darauf, dass schon in den Programmrichtlinien des Senders festgehalten sei, dass sich das Programm zu einer kritischen Haltung gegenüber allem verpflichtet habe, die sich gegen Demokratie und Rechtsstaat richten. Böhmermann habe ein Thema von erheblichem öffentlichen Interesse behandelt, argumentiert das Zweite Deutsche Fernsehen. „Ob und inwieweit Medien in identifizierender Weise über Missstände berichten dürfen, ist nicht unmittelbar davon abhängig, ob die verantwortlichen Personen zuvor in der Öffentlichkeit standen oder sogar bewusst aus dem Verborgenen agiert haben. Die Darstellung des fraglichen YouTubers im erfolgten Umfang ermöglicht es den Zuschauerinnen und Zuschauern, sich ein umfassendes Bild über den Themenkomplex zu machen“, schreibt das ZDF.
Dass es bei Personen, die in der Öffentlichkeit agieren, kein allgemeines Recht auf Anonymität gäbe, zeige beispielsweise auch die gültige Impressumspflicht, gegen die vorliegend verstoßen wurde, erklärte der öffentlich-rechtliche Sender. Die Redaktion des „ZDF Magazin Royale“ würde den Aussagen zu einzelnen Personen oder Themenkomplexen stets eine sorgfältige Recherche zugrunde legen, behauptet der Mainzer Sender – und stellte klar: „Anders als zunehmend behauptet, wurden in der Sendung weder der volle Name des fraglichen YouTubers noch dessen Wohnort genannt, oder ein identifizierendes Bild von ihm gezeigt.“ Wer dies behauptet habe, der habe eine Aufforderung zur Korrektur erhalten, heißt es vom ZDF.
Recherchen zum Youtuber „Clownswelt“
Es ist legitim, Informationen zum einflussreichen Youtuber „Clownswelt“ zu veröffentlichen. Fragwürdig ist aber, wie die „Zeit“ mit banalen privaten Details versucht, seine Radikalisierung zu erklären. […]
Es wäre sinnvoller gewesen, die „Zeit“ hätte sich mehr auf diese Wirkung und die inhaltliche Kritik an „Clownswelt“ konzentriert. Und auf weitere Fragen wie: Ob Youtube wirklich nicht mehr dagegen tun könnte, dass Kanäle mit demokratiegefährdenden Inhalten viel Geld verdienen, weil Unternehmen vor und während der Videos Werbung schalten, an deren Erlös die Videomacher beteiligt werden. […]
Das „ZDF Magazin Royale“ geht darauf mehr ein – unter anderem mit einem Seitenhieb gegen den Werbetreibenden Lieferando, dessen Spots vor „Clownswelt“-Videos laufen. Böhmermann sagt auch, die Plattformen trügen eine „publizistische Mitverantwortung am Aufstieg der AfD und am Niedergang der Demokratie“. Der „Zeit“-Artikel erwähnt diese strukturelle Ebene nur am Rande: Der Kanal verstoße nicht gegen die Richtlinien des Netzwerks Youtube, heißt es in einem Statement. Und das war’s. Damit kommt das Unternehmen erstaunlich glimpflich davon.
Seit Freitag hat sich die Zahl der Abonnenten des Kanals „Clownswelt“ fast verdoppelt – von 227.000 auf 443.000 (Stand: Donnerstag, 15. Mai). Der Youtuber bedankte sich in einem Reaction-Video bei ZDF-Moderator Jan Böhmermann und der „Zeit“, dass sie ihm diese Aufmerksamkeit verschafft haben.
Solche Effekte lassen sich nicht verhindern – und sollten auch kein Argument dafür sein, sich nicht kritisch mit AfD-nahen Kanälen auseinanderzusetzen. Aber es sollte dabei eben um die Inhalte und Strukturen gehen, die solche Kanäle so erfolgreich und problematisch machen. Und nicht um das Metal-Genre, über das ein Youtuber mal seine Bachelorarbeit schreiben wollte.
https://uebermedien.de/105561/vom-kiffer-zum-ketzer/
Statement zum „ZDF Magazin Royale“ vom 9. Mai 2025
„In den ZDF-Qualitäts- und -Programmrichtlinien ist festgehalten, dass die ZDF-Angebote zu einer kritischen Haltung gegenüber allen Erscheinungen verpflichtet sind, die sich gegen Demokratie und Rechtsstaat richten. […] Die Redaktion des „ZDF Magazin Royale“ legt den Aussagen zu einzelnen Personen oder Themenkomplexen stets eine sorgfältige Recherche zugrunde. Anders als zunehmend behauptet, wurden in der Sendung weder der volle Name des fraglichen YouTubers noch dessen Wohnort genannt, oder ein identifizierendes Bild von ihm gezeigt. Auf diese falschen Tatsachenbehauptungen wurden die Urheber hingewiesen und diese zur Korrektur aufgefordert.“
https://presseportal.zdf.de/pressemitteilung/statement-zum-zdf-magazin-royale-vom-9-mai-2025