Die Neuerfindung der Öffentlich-Rechtlichen
Statt ARD, ZDF und Deutschlandfunk abzuschaffen oder zu privatisieren, sollten die Sender konstruktiv weiterentwickelt werden.
Ein Beitrag von Beate Strehlitz, Dieter Korbely und Volkmar Kreiß
Die Diskussion um die Abschaffung der Rundfunkbeiträge oder gar die Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kocht hoch. Nach langen Jahren der Unzufriedenheit vieler Menschen, die kurzerhand einfach als „Rechte“ diffamiert wurden, mehren sich inzwischen die Stimmen aus allen Schichten der Gesellschaft sowie aus den Sendern selbst, die über Verfehlungen berichten und Veränderungen fordern. Die Autoren des Artikels beschäftigen sich als Bürger und Rezipienten der Medien seit einigen Jahren mit der Frage, worin die Ursachen für ihre Unzufriedenheit mit den öffentlich-rechtlichen Medien liegen, und machen Vorschläge für die Verbesserung der Situation, insbesondere zur Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hin zu einer öffentlich-rechtlichen Medien-Plattform.
Es wird immer offensichtlicher, dass wir in einer desinformierten Welt leben, gezeichnet von starker gegenseitiger Abhängigkeit und Gleichklang von Politik und Medien. Daraus resultiert eine zunehmende Unzufriedenheit vieler Bürger mit den Medien, insbesondere mit den öffentlich-rechtlichen Medien, die sie mit ihren Rundfunkbeiträgen finanzieren. In einem Positionspapier widmeten wir uns in der Themengruppe Medien und Journalismus der Bürgerbewegung „Aufstehen“ in Leipzig schon vor einigen Jahren der Analyse der Situation der Medien, insbesondere der öffentlich-rechtlichen Medien, und stellten Forderungen zu ihrer Stärkung auf.
Bereits damals — im Jahr 2019 — wurde festgestellt, dass der im Rundfunkstaatsvertrag festgelegte Programmauftrag nicht eingehalten wird, dass Objektivität, Unparteilichkeit, Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit fehlen. In einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten von Sachsen, Herrn Michael Kretschmer, legten wir die Sachverhalte dar und forderten ihn auf, den neuen Medienstaatsvertrag nicht zu unterzeichnen.
Professor Michael Meyen, Kommunikationswissenschaftler an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wurde darauf aufmerksam und stellte das Positionspapier in seinem Artikel bei Telepolis (1) sowie auf seinem Blog „Hypotheses“ — in Form eines von seiner Mitarbeiterin Sevda Can Arslan geführten Interviews (2) — vor. In dem Positionspapier wurde die erlebte Medien-Realität den Medien-Gesetzen gegenübergestellt und aus der Differenz wurden Forderungen postuliert. Dazu gehörten vor allem: im Losverfahren besetzte Publikumsräte mit Sanktionsmöglichkeiten bei Nichterfüllung des Programmauftrages, eine unabhängige Qualitätskontrolle, Arbeitsverträge für Journalisten mit einem Passus, der sie verpflichtet und berechtigt, den Programmauftrag zu erfüllen.
Die grundsätzliche Stärkung der öffentlich-rechtlichen Medien sollte verbunden werden mit einer Unterstützung der „alternativen“ Medien mit 2 Prozent des Rundfunkbeitrages, da diese einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur umfassenden Information der Bürger übernehmen und die einseitige Sicht der öffentlich-rechtlichen Medien teilweise kompensieren. Weitere Forderungen, wie mehr Transparenz und Kontrolle in den Sendern, strikte Trennung von Information und Meinung sowie eine Abkehr von der Einschaltquoten-Abhängigkeit, sind grundlegender Art und werden auch von vielen anderen Seiten geäußert.
„Medienträume“
Aufbauend auf diesem Positionspapier überlegten wir gemeinsam mit einer Gruppe Medieninteressierter in Leipzig im Rahmen eines Media Future Labs, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk weiterentwickelt werden kann, um einerseits seinem Auftrag gerecht zu werden und andererseits die Akzeptanz der Bürger zurückzugewinnen. Die Media Future Labs sind ein Projekt von Dr. Alexis Mirbach und Professor Dr. Michael Meyen am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München, in dem Bürgerinnen und Bürger Ideen zur Zukunft der Medien entwickeln (3).
Unsere Überlegungen gingen aus von der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien durch die Bürger und dem damit verbundenen Anspruch, dass sie uns gehören — und führten zu dem Vorschlag, dass mehr Partizipation das Problem lösen soll. Trotz vieler Zweifel an der Reformierbarkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sprach sich der größere Teil der Gruppe nicht für deren Zerschlagung oder Steuerfinanzierung aus. Der durch die Bürger finanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk wurde grundsätzlich als hohes Gut eingeschätzt, das es zu schützen gilt, denn er ist — theoretisch — unabhängig, im Gegensatz zu den privaten Medien. Diese Meinung wurde später auch von der Initiative „Leuchtturm ARD“ (4) vertreten, deren Aktionen von einem Teil der Gruppe unterstützt werden.
Das Ziel ist, mit den Mitarbeitern der Sendeanstalten ins Gespräch zu kommen, Runde Tische zu gründen und gemeinsam die Reform der öffentlich-rechtlichen Medien einzuleiten und voranzutreiben.
Partizipation bedeutet natürlich auch Arbeit und Aufwand für die Bürger, aber nach unserer langjährigen Beschäftigung mit dem Thema ist es genau das, was wir persönlich am meisten vermissen und in den Erneuerungsprozess einzubringen gewillt sind. Die Kluft zwischen dem Alltagsleben der „normalen“ Menschen und dem, was in Radio und Fernsehen darüber berichtet beziehungsweise dargestellt wird, hat sich so weit vergrößert, dass sich viele nicht mehr gesehen fühlen. Die einseitige Berichterstattung zu vielen Themen führt zu der Frage, wo die anderen Sichtweisen präsentiert werden.
Die Einschränkung des Debattenraumes wird als Beschneidung demokratisch notwendiger Diskussionen und Prozesse erlebt. Der herablassend belehrende Journalismus zu vielen Themen — zum Beispiel die tägliche Präsentation von Hygieneregeln in „MDR Aktuell“ in der Corona-Zeit — wird als Beleidigung des Intellekts der Zuschauer empfunden. Die angebotene Zuschauerbeteiligung, zum Beispiel über „MDR fragt“ oder als Gäste in MDR Rundfunkratssitzungen oder der Sendung „Fakt ist …“ (5), haben wir genutzt und mussten erkennen, dass wir in diesen Formaten unsere Kritik gar nicht anbringen können. Diese vom MDR angebotenen Partizipationsmöglichkeiten sind Feigenblätter, hinter denen sich der Sender versteckt und Zuschauerbeteiligung simuliert.
Wirkliche Partizipation und Mitbestimmung aller Teilnehmer — der Gebührenzahler, Zuschauer/-hörer und Mitarbeiter — erfordert eine transparente Organisationsstruktur. Transparenz und Mitbestimmung sollen in alle Gremien einfließen. In dem schon früher und anderswo vorgeschlagenen Publikumsrat — statt Rundfunkrat — soll ein mit weitreichenden Befugnissen ausgestatteter Programmausschuss gebildet werden, der die Programmdirektionen wirklich kontrolliert. Bisher fehlen den Rundfunkräten hierzu die Möglichkeiten und Berechtigungen, obwohl es ihre Aufgabe ist. Einige Sender der ARD verfügen über Redaktionsstatute, die der Absicherung der journalistischen Unabhängigkeit dienen sollen (6). Es gibt sie jedoch nicht bei MDR, SWR, BR.
Unsere Vision von den öffentlich-rechtlichen Medien formulierten wir in fünf Statements (7):
- Die öffentlich-rechtlichen Medien werden von uns Bürgern finanziert und gehören der gesamten Gesellschaft. Sie sollen neutral über Politik berichten, sie sollen die Politik kontrollieren und die Politik darf keinen Einfluss auf Inhalte haben.
- Die Organisationsstruktur soll transparent sein und die Mitbestimmung der Teilnehmer — Mitarbeiter, Beitragszahler, Zuschauer/-hörer — erfordern und ermöglichen. Die Arbeitswelt der Journalisten soll frei sein von ökonomischen und strukturellen Zwängen. Journalistisch tätig kann jeder werden. Technik zur Veröffentlichung stellt der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Verfügung.
- Die Qualitätsanforderungen werden erreicht, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Programmauftrag erfüllt und den Medienstaatsvertrag einhält. Die journalistischen Standards sind zu wahren.
- Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht nicht in Konkurrenz zu den privaten Medien und außerhalb des — neoliberalen — Marktes. Die Qualität ist das Bewertungskriterium, die Bewertung mittels „Quote” wird abgeschafft. Zuschauer dürfen alle Beiträge journalistischer Arbeit bewerten — wie heutzutage bei Internetplattformen.
- Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat Bestand als neutrales Medium und nutzt neue Medien zur Optimierung von Struktur und Qualität, unter Schutz der Nutzerdaten.
- Zu diesen Statements unterbreiten wir viele konkrete Lösungsvorschläge im Buchkapitel (7). Hier, in diesem Artikel, stellen wir nun unsere Idee der Weiterentwicklung von der Sendeanstalt zur gesellschaftlichen Kommunikationsplattform vor, da wir diesen Vorschlag im Buchkapitel nur angerissen, inzwischen in weiterführenden Überlegungen aber konkretisiert haben.
Öffentlich-rechtliche Medien-Plattform
In der Weiterentwicklung der öffentlich-rechtlichen Medien zur Medien-Plattform sehen wir eine wirkmächtige Möglichkeit, wie die öffentlich-rechtlichen Medien aus der Krise herauskommen können und gleichzeitig wieder ein schlagkräftiges Werkzeug für die funktionierende Demokratie werden.
Unsere Idee knüpft an viele Vorschläge an, wie zum Beispiel Professor Meyen in (1): „Warum gibt es nicht längst eine öffentlich-rechtliche Plattform, die leicht und für immer alles zugänglich macht, was wir ohnehin schon bezahlt haben?“ Oder an den Vorschlag von Professor Karola Wille, MDR-Intendantin, zu einem „gemeinwohlorientierten Kommunikationsnetzwerk“ (8). In vielen weiteren Diskussionsbeiträgen zur Situation der öffentlich-rechtlichen Medien spielen Überlegungen zur Etablierung unterschiedlich konzipierter Medien-Plattformen eine Rolle — die Idee liegt sozusagen in der Luft, beziehungsweise sie entspricht dem, was sich viele Menschen wünschen.
Bild 1: Struktur der öffentlich-rechtlichen Medien-Plattform (Grafik: Volkmar Kreiß und Beate Strehlitz)
In unserer Idee stellen wir den Bürger in den Mittelpunkt, der die Medien-Plattform für unterschiedliche Aktivitäten des täglichen Lebens nutzt. Die Medien-Plattform soll aus mehreren Komponenten bestehen (Bild 1). Ein zentraler Teil wird die Video-Streaming-Plattform, wo sich unter anderem die TV-Sender wiederfinden. Weitere Komponenten sind vorgesehen für Audio-Streams und Radio, Chats, moderne Post und sichere E-Mails, Blogs, ein Online-Lexikon et cetera.
Neben den Bürgern sollen die öffentlich-rechtlichen und privaten Medien, Zeitungen, Organisationen, Vereine und Parteien in dieser Plattform vertreten sein. Gleichzeitig bleibt für diejenigen, die ihren Medienkonsum nicht ändern wollen, alles so, wie sie es bereits kennen, indem sie nur einen kleinen Ausschnitt der Möglichkeiten nutzen. Der Startbildschirm der Plattform könnte für Nutzer von PC, Handy oder Smart-TV, also Geräten mit Rückkanal, zum Beispiel wie in Bild 2 gezeigt aussehen.
Bild 2: Vorschlag für den Startbildschirm der öffentlich-rechtlichen Medien-Plattform auf PC, Handy oder Smart-TV (Grafik: Skitterphoto, Pixabay, editiert von Jana Weigel mit Pixabay License)
Die öffentlich-rechtliche Medien-Plattform wird allen Bürgern die Möglichkeit bieten, nach eigenen Interessen auszuwählen, was sie sehen, hören oder lesen möchten, selbst eigene Beiträge oder Abspiellisten — das sind Zusammenstellung von Beiträgen — zu veröffentlichen, in der Medienlandschaft aktiv zu werden und sicher zu kommunizieren — auch mit Behörden und Organisationen oder Vereinen. Der individuelle Zugang könnte beispielsweise über die Anmeldung bei „Deutscher Bundestag — Petitionen“ erfolgen, sodass jeder Mensch genau einen persönlichen Zugang zur Medien-Plattform erhält (Bild 3). Mit diesem Zugang kann jeder Bürger jede einzelne Sendung beziehungsweise jeden Beitrag bewerten, und somit kann eine Datenbasis für Entscheidungen des Rundfunkrates entstehen.
Ebenso kann einfach auf Publikumsbeschwerden reagiert werden. Publikumsbeschwerden werden von allen Nutzern gesehen und können wiederum bewertet und somit gewichtet werden. Die gesetzliche und technische Basis der Plattform sind das Grundgesetz, der Medienstaatsvertrag und der Pressekodex sowie die heutigen technischen Möglichkeiten, zum Beispiel die verfügbaren Serverkapazitäten, Musik-, Sprach- und Bildfilter. Die Regeln zur Benutzung sind so einfach wie die Regeln im Straßenverkehr. Es wird alles möglich sein, was Recht und Gesetz in der Bundesrepublik erlauben. Jeder Einzelne kann aktiv werden, und jeder ist eingeladen, sich einzubringen — ob als Sender, Kritiker oder auch als Whistleblower.
Bild 3: Vorschlag zur Registrierung für die öffentlich-rechtliche Medien-Plattform über den Zugang Bundestag — Petitionen (Grafik: modifizierter Screenshot, Volkmar Kreiß)
Die Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien in der Plattform sind vielschichtig: Einerseits sollen sie die Betreiber sein und die von den Bürgern entrichteten Rundfunkbeiträge für die Finanzierung verwenden. Das erfordert die umfassende Reformierung aller Sender in Struktur und Finanzierung. Das Programm wird grundlegend umgestaltet, sodass es nur noch Information, Bildung und Kultur als gemeinwohlorientierte Grundversorgung dem Auftrag gemäß enthält. Angebote der Unterhaltung — zum Beispiel Filme, Krimis, Talkshows — und des Sports — zum Beispiel Fußball — können durch Fördervereine oder Werbung finanziert oder zum Kauf angeboten werden, wie zum Beispiel durch Netflix und Sky.
Durch Wegfall dieser immensen Kostenfaktoren sowie Reduzierung der Anzahl von Sendern, der Pensionsrückstellungen und der exorbitanten Gehälter der Führungsebenen würde der Rundfunkbeitrag signifikant gesenkt werden können. Andererseits können die öffentlich-rechtlichen Medien aufgrund ihrer noch vorhandenen Reichweite im Netz Standards setzen und dabei helfen, die in der Medien-Plattform enthaltenen Alternativen zu den großen privaten Plattformen — zum Beispiel YouTube, Instagram et cetera — bekannt zu machen (9).
Eine öffentlich-rechtliche Medien-Plattform hilft dabei, die Nutzerdaten zu schützen und — willkürliche — Löschungen, inhaltlich oder persönlich, wie es bei privaten Plattformen möglich ist, zu verhindern. Des Weiteren müssen die öffentlich-rechtlichen Medien ihre Inhalte so aufarbeiten, dass sie den Erfordernissen der Plattform angepasst sind, zum Beispiel durch eine vertiefende Vernetzung (9).
Der Nutzen der Plattform für den einzelnen Bürger ist noch gar nicht in Gänze absehbar. Zunächst wird es mit einem einzigen Zugang möglich, die meisten der täglichen Aktionen im Internet durchzuführen. Jedem Bürger wird Speicherplatz zur Verfügung gestellt, auf Servern, die in Deutschland stehen. Die persönlichen Daten werden somit geschützt und vor dem Zugriff der Tech-Giganten bestmöglich bewahrt, die sie zum Beispiel für algorithmenbasierte Inhaltsvorschläge und Werbung verwenden, wie zum Beispiel bei YouTube praktiziert. Sämtliche Kommunikation mit Familie, Freunden und Bekannten, aber auch mit Behörden, Firmen und Vereinen kann sicher und zuverlässig über die Plattform laufen.
Jeder, der gerne Inhalte erstellt, wie zum Beispiel Blogs, Videos oder Ähnliches, kann einfach und schnell etwas produzieren und so im Netz publizieren, dass der Zugriff genau nach seinen Wünschen erfolgt — von persönlich definiertem Zugriff bis öffentlich. Das Online-Lexikon soll eine Alternative zu Wikipedia sein, das die Nachteile von Wikipedia überwindet, indem Veröffentlichungen in dem Lexikon mit dem zuordenbaren persönlichen Zugang erfolgen.
Die Anonymität bei Wikipedia führte zum Beispiel zum Missbrauch durch bestimmte Redakteure, sodass Ausgewogenheit, Objektivität und sogar Wahrheitsgehalt vieler Artikel mittlerweile mangelhaft sind, aber es kaum möglich ist, dies zu ahnden (10). Die Artikel des neuen Online-Lexikons sind dagegen einem Autor direkt zuzuordnen und sind somit vollumfänglich zitierbar. Des Weiteren soll die Plattform einen Wikileaks-ähnlichen Zugang erhalten zur Stärkung des investigativen Journalismus.
Alles in allem soll für den Bürger ein Instrument entstehen, das das Leben leichter und schöner macht sowie Spaltung und Desinformation in der Gesellschaft entgegenwirkt.
Die öffentlich-rechtliche Medienplattform bietet mit der vielfaltsichernden Demokratisierung der Medienlandschaft auch die Möglichkeit der gleichberechtigten Informationsbeschaffung. Die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft stehen im Mittelpunkt der Idee für diese Plattform. Die Partizipation der Bürger ist allumfassend und geht weit über den in (8) geforderten Rückkanal zur Kommunikation zwischen Medien-Konsumenten und -Schaffenden hinaus.
Jeder Beitrag auf der Plattform kann von jedem Nutzer bewertet oder mit einem Kommentar versehen werden. Damit hat der Nutzer die größte Macht und die allumfassende Kontrolle. Fehler und Ungerechtigkeiten können somit schneller entdeckt und einfacher gelöst werden. Juristische Überprüfungen können jederzeit durch Anwälte oder Behörden möglich sein. Es gilt das deutsche Recht, insbesondere das Urheberrecht, und Verfehlungen können entsprechend geahndet werden.
Mit unserer hier vorgestellten Idee für eine öffentlich-rechtliche Medien-Plattform möchten wir unseren Debattenbeitrag in die Diskussion um Abschaffung oder Erneuerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einbringen. Nicht nur angesichts der mittels Beitragsfinanzierung prinzipiell gesicherten Unabhängigkeit und der Definitionsmacht (11) der öffentlich-rechtlichen Medien setzen wir uns für ihren Erhalt und ihre Weiterentwicklung zu der beschriebenen öffentlich-rechtlichen Medien-Plattform ein. Den derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen hin zu Polarisierung und Fragmentierung, die unter anderem in der algorithmenbasierten Auswahl der präsentierten journalistischen Inhalte der privaten Plattformen liegen, kann die öffentlich-rechtliche Medienplattform eine vielfaltsichernde Alternative bieten, die sich am Diskursmodell des Grundgesetzes orientiert und somit der Wiederherstellung der Demokratie in Deutschland dient.
Redaktionelle Anmerkung: Der Text erschien zuerst unter dem Titel „GEZ, ARD, ZDF abschaffen? Nein, neu erfinden!“ im Magazin Free21 und wurde vom Rubikon-Korrektorat an die Formalien des Rubikon angepasst.
Quellen und Anmerkungen
(1) Telepolis, Michael Meyen, „Medienstaatsvertrag: Klein-Klein statt großer Wurf“, am 14. August 2019, https://www.heise.de/tp/features/Medienstaatsvertrag-Klein-Klein-statt-grosser-Wurf-4496611.html
(2) Hypotheses, Sevda Can Arslan, „Interview zum Positionspapier der ,Themengruppe Medien und Journalismus‘ von ,Aufstehen Leipzig‘“, am 14. Dezember 2019, https://medialabs.hypotheses.org/1547
(3) Michael Meyen: Was wir wollen. In: Michael Meyen, Sevda Can Arslan (Hrsg): Media Future Lab 2019, Zugriff am 10. Oktober 2022, https://medialabs.hypotheses.org/858
(4) Leuchtturm ARD — ORF — SRG, https://leuchtturmard.de/
(5) mdr, „Fakt ist! Aus Magdeburg. Wie frei ist unsere Presse?“, am 2. Mai 2022, https://www.mdr.de/tv/programm/sendung-750882.html
(6) Deutscher Journalisten-Verband, „DJV fordert Redaktionsstatute zur Absicherung der journalistischen Unabhängigkeit“, Zugriff am 12. Oktober 2022, http://www.journalisten21.de/Redaktionsstatute.2887.98.html
(7) Herbert von Halem Verlag, Alexis von Mirbach, „Medienträume“, 2022, https://www.halem-verlag.de/produkt/medientraeume/
(8) Medienpolitik.net, Karola Wille, „Ein gemeinwohlorientiertes Kommunikationsnetzwerk“, am 8. März 2021, https://www.medienpolitik.net/2021/03/ein-gemeinwohlorientiertes-kommunikationsnetzwerk/
(9) Persönliche Mitteilung, Heiko Hilker, Mitglied des MDR Rundfunkrates, am 7. Oktober 2022
(10) Telepolis, Hermann Ploppa, „Wikipedia an der Propagandafront gegen Historiker“, am 19. September 2018, https://www.heise.de/tp/features/Wikipedia-an-der-Propagandafront-gegen-Historiker-4167075.html?seite=all
(11) Ständige Publikumskonferenz, „Die Medien-Epidemie“, am 27. September 2022, https://publikumskonferenz.de