Einrichtung von Ombudsstellen im ZDF

Einrichtung von Ombudsstellen im ZDF

Am Rande der 15. Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche hatte ich die Gelegenheit, mit dem zweiten Chefredakteur des ZDF, Elmar Theveßen, innerhalb eines Panels zum Umgang der Sender mit Programmbeschwerden zu diskutieren. Herr Theveßen machte für künftige Beanstandungen den Vorschlag, Hinweise auf vermeintliche und offensichtliche Fehler im Programm künftig direkt an die Redaktion zu senden, da diese ja im Falle einer Verfehlung oder eines Programmverstoßes schnell reagieren müssten und nicht erst Wochen oder gar Monate später.

Das Problem mit Mitteilungen dieser Art an Redaktionen oder Publikumsstellen liegt allerdings (bei allen Anstalten) in der ziemlich lapidaren Behandlung von Publikumsanliegen in Form von Versenden diverser Mails in Textbaustein-Weise und eben gerade nicht in einer Verbesserung der Kritikkultur oder gar einer Korrektur beanstandeter Inhalte im Programm.

Das Verfahren der formalen Programmbeschwerde stellt dagegen sicher, dass sich sowohl Intendant, als auch Gremien in ihrer Eigenschaft als „Anwälte des Publikums“ mit Publikumsanliegen auseinandersetzen bzw. Kenntnis darüber erlangen. Leider ist das Verfahren für beide Seiten über die Maßen aufwändig und nicht zielführend. Was fehlt, ist eine niedrigschwellige Form des Beschwerdemanagements, die sowohl zügiger vonstatten geht, als auch erfolgversprechender in Hinblick auf zu erwartende Korrekturen ist, ohne in die Programmautonomie der Sender einzugreifen.

Das ZDF hat vor einiger Zeit innerhalb seines Onlineangebotes eine Korrektur-Rubrik eingeführt, die mitunter unfreiwillig komisch anmutet, da die korrigierten Inhalte teilweise aussehen wie Alibi-Reaktion auf eigens dafür platzierte Banalitäten. Der Hinweis darauf, dass das ZDF die Rubrik nach dem Vorbild der New York Times einrichtete, entbehrt auch nicht einer gewissen Komik. Hatte doch die „New York Times“ einst einen Fehler korrigiert, den jemand aus der Redaktion vor 161 Jahren gemacht hatte.

Der Bezug auf ausgerechnet die NYT ist auch deshalb etwas merkwürdig, weil so ziemlich alle deutschen Presseerzeugnisse Korrekturspalten anbieten, selbst die BILD führt eine solche bereits seit 2006. Chefredakteur Diekmann begründet den Schritt damals mit der Schnelligkeit der Berichterstattung und menschlichen Makeln. Aufgrund eines riesigen Netzwerks von rund tausend Journalisten ließen sich Fehler nicht vermeiden.

Das Bildblog hat allerdings noch immer reichlich zu tun.

Zurück zum ZDF:
Die Rubrik Korrekturen ist zumindest ein Anfang auf dem steinigen Weg zu Transparenz gegenüber dem Publikum und zur Verbesserung der internen Fehlerkultur, obwohl der letzte selbstkritische Beitrag inzwischen auch schon knapp 4 Wochen zurück liegt. Wir haben die Einrichtung nach dem Vorschlag von Herrn Theveßen auch schon erfolgreich getestet und den Beschwerdeführer über das Resultat informiert.

Der Denkfehler allerdings, welcher der Einrichtung der Rubrik „Korrekturen“ im Onlineangebot eines Fernsehsenders zu Grunde liegt, ist schwer auszuräumen: Es nutzt den zumeist betagteren Zuschauern des ZDF nicht viel, wenn sie fehlerhafte Meldungen in Echtzeit rezipieren, die Richtigstellung der Meldung jedoch an einem für sie unbekannten Ort im Netz stattfindet. Man könnte nun darüber spekulieren, welche Zielgruppe sich für die Rubrik regelmäßig interessiert und aus welchem Grund. Vielleicht würde es auch genügen, die Ungereimtheiten innerhalb der ursprünglichen Intention zu sortieren.

Wenn das ZDF diese Art der Transparenz für das „beste Gegenmittel gegen Verschwörungstheorien und Manipulationsvorwürfe“ erachtet, dann kann jedenfalls ohne zu zögern widersprochen werden. Verschwörungstheorien entstehen immer nur dann, wenn nebulös, unvollständig, tendenziös oder schlicht falsch berichtet wird und die Menschen im Unklaren über bestimmte Sachverhalte oder Begebenheiten gelassen werden. Selbstverständlich wird dann spekuliert und vor diesem Reflex ist erwiesenermaßen auch das Personal öffentlich-rechtlicher Anstalten nicht gefeit.

Das System des Beschwerdemanagements im ZDF ist nicht optimal, es ist weder transparent noch publikumsnah. Formale Beschwerden werden zumeist, unter weidlicher Ausnutzung der im Staatsvertrag festgelegten Fristen, ähnlich lapidar und qualitativ fragwürdig beantwortet wie einfache Publikumsanliegen. Die Befassung und Beurteilung durch den ZDF-Fernsehrat ist weder sachlich noch personell fassbar, eine Begründung für Ablehnungen findet – im Gegensatz zur Praxis des WDR – nicht statt. Absurd sind nordkoreanisch anmutende einstimmige Voten, selbst bei Themen, die vorab in der Öffentlichkeit durch Vertreter bestimmter gesellschaftlich relevanter Gruppierungen deutlich abweichend vom Urteil des Gremiums diskutiert wurden.
Über die Zuschauerredaktion wird keinerlei Feedback über Art und Umfang der Beanstandungen gegeben. Das Publikum als Ganzes wird lediglich dann in die Information und Beurteilung von Beschwerden einbezogen, wenn eine öffentliche Dokumentation der Vorgänge erfolgt, so wie wir das auf unserer Seite anbieten.

Die Publikumskonferenz möchte zur Verbesserung der Transparenz ein niedrigschwelliges Verfahren zur Behandlung von Programmbeschwerden anregen. Das Verfahren sollte qualitativ zwischen der bislang üblichen Kommunikation mit dem Zuschauerservice und dem Procedere der formalen Programmbeschwerde angesiedelt sein.

Anlässlich unseres Panels bei der nr15 war unter den interessierten Zuschauern auch ein Vertreter der Unabhängigen Beschwerdeinstanz der Schweiz (UBI). Er erläuterte, wie in der Schweiz mit Ombudsstellen ein Vorverfahren bzw. eine Vermittlung stattfindet, welches der Unabhängigen Beschwerdeinstanz vorgeschaltet ist. In jeder der vier Schweizer Sprachregionen gibt es eine Ombudsstelle.

„Jede Person kann innerhalb 20 Tagen nach Ausstrahlung eine Sendung oder allenfalls mehrere Sendungen eines schweizerischen Veranstalters bei der zuständigen Ombudsstelle schriftlich beanstanden. Bei einer Ablehnung eines Gesuchs um Zugang zu einem Programm, sei es zum redaktionellen Teil oder zur Werbung, beträgt die Frist für eine Beanstandung ebenfalls 20 Tage. Die Ombudsstelle prüft die Angelegenheit und vermittelt zwischen den Beteiligten. Die Ergebnisse ihrer Abklärungen fasst sie in einem Bericht zusammen. Wer mit den Ergebnissen der Ombudsstelle nicht einverstanden ist oder einen rechtskräftigen Entscheid erwirken möchte, kann Beschwerde bei der UBI erheben.“

Für das ZDF wäre die Einrichtung von Ombudspersonen als dezentrale Ansprechpartner in den einzelnen Bundesländern (eventuell in den ZDF- Landesstudios) sicherlich von Vorteil, da diese öffentlichkeitswirksam als Ansprechpartner für Publikumsbelange ein Vertrauensverhältnis zwischen Beitragszahlenden und Anstalten herstellen und sowohl Kritik als auch Anregungen bündeln, auswerten und an die Programmverantwortlichen in Mainz weiterleiten könnten. Die Veröffentlichung der Publikumsanliegen sowie die Dokumentation deren Befriedung könnte transparent auf den Webseiten der Landesstudios oder auf einer (zu etablierenden) Plattform der Ombudsstelle vorgenommen werden.

Der ZDF-Staatsvertrag verbietet eine freiwillige Einrichtung von Ombudspersonen nicht.

Wir werden einen entsprechenden Vorschlag an die Programmverantwortlichen beim ZDF herantragen.