Skripal 2.0: Es wird höchste Zeit, dass sich die britische Regierung erklärt

Skripal 2.0: Es wird höchste Zeit, dass sich die britische Regierung erklärt

Skripal 2.0: Es wird höchste Zeit, dass sich die britische Regierung erklärt
Hier sind 10 einfache Fragen, die ihr helfen könnten

von Rob Slane, 07.07.2018Übersetzung von FritztheCat

(Anm.d.Ü.: Sajid Javid ist ein konservativer Politiker, der zuvor für die Chase Manhattan Bank und dann als Managing Director der Deutschen Bank mit einem Jahresgehalt von ca. 3 Mio Pfund „gearbeitet“ hat.)

In seiner Rede im Parlament am 5. Juli sagte der britische Innenminister Sajid Javid folgendes:

„Der Einsatz chemischer Waffen ist überall barbarisch und unmenschlich. Die Entscheidung der russischen Regierung, diese am 4. März in Salisbury einzusetzen, war rücksichtslos und gefühllos – es gibt keine andere plausible Erklärung als dass der russische Staat verantwortlich war. Die Augen der Welt sind auf Russland gerichtet, nicht zuletzt wegen der Weltmeisterschaft. Es ist an der Zeit, dass sich der russische Staat meldet und erklärt, was genau passiert ist.“

Jedermann, der noch alle Tassen im Schrank hat, bemerkt sofort die kognitive Dissonanz von Javids Äußerungen. Einerseits erklärt er, dass die russische Regierung am 4. März beschlossen hat, in Salisbury chemische Waffen einzusetzen. Das ist eine nachdrückliche Erklärung und bedeutet, dass die britische Regierung unwiderlegbare Beweise dafür besitzt. Im nächsten Atemzug sagt er dann, dass es „keine plausible Alternative“ gibt. Das ist sehr viel weniger nachdrücklich, und das Wort „plausibel“ impliziert, dass die britische Regierung keine unwiderlegbaren Beweise für ihre Behauptung hat.

Das ist kein subtiler Unterschied. Es ist der Unterschied zwischen dem Verdacht auf etwas und dem Wissen um etwas. Wenn man weiß, dass etwas wahr ist, weil man den Beweis dafür hat, verwendet man keine zweideutigen Phrasen wie „keine plausible Alternative“. Sie sagen einfach: „Hier sind die Beweise, um es zweifelsfrei zu beweisen.“ Andererseits, wenn Sie keine unwiderlegbaren Beweise für etwas besitzen, wie es die zweideutige Aussage „keine plausible Alternative“ suggeriert, dann haben Sie kein Recht, sich endgültig dazu zu äußern, so wie es Herr Javid für angebracht hielt.

Aber schließlich ist er nur der Innenminister. Man darf nicht erwarten, dass er so kleinliche Rechtsbegriffe versteht.

Zufällig gibt es viele plausible Alternativen, wie Herr Javid zweifellos nur zu gut weiß. Wenn er interessiert wäre, könnte er sich die hier vorgestellten ansehen:

http://www.theblogmire.com/debunking-the-first-piece-of-nonsense-in-skripal-2-0/

Unabhängig davon, ob meine „plausible Alternative“ richtig ist oder nicht, ist es unwahrscheinlich, dass die Regierung Ihrer Majestät die von mir vorgelegte Ermittlungslinie verfolgen möchte, da sie eine Menge lästiger Fragen über die Rolle des britischen Geheimdienstes aufwerfen könnte beim Versuch, Donald Trump daran zu hindern, gewählt zu werden. Anscheinend wollen sie das geheim halten. Deshalb haben sie D-Notices zu verschiedenen Aspekten von Skripal 1.0 herausgegeben, um das alles zu vertuschen.

(Anm.d.Ü.: D-Notices sind die Verfügungen der britischen Behörden, die den Medien die Berichterstattung über bestimmte Dinge verbieten.)

Herr Javid sagt also, dass Russland sich selbst erklären muss, räumt aber dabei unwissentlich ein, dass die Regierung keine eindeutigen Beweise für eine Beteiligung des russischen Staates hat. Sie kann sich lediglich keine „plausible Alternative“ vorstellen, was entweder bedeutet, dass ihre Mitglieder etwas phantasielos sind, oder sie wollen nicht, dass andere „plausible Alternativen“ diskutiert werden (natürlich könnte es sogar beides sein). Dennoch, da er und die Regierung diese Behauptung aufstellen, würde ich sagen, dass es eigentlich an ihnen liegt, sich zu erklären, nicht an denen, die sie beschuldigen. So sollte es eigentlich funktionieren, nicht wahr?

Deshalb habe ich eine Reihe von Fragen an sie, die dringend beantwortet werden müssen. Dringend, denn sie könnten sich als wichtig für die Untersuchung erweisen. Bevor ich jedoch auf die Fragen zu sprechen komme, muss ich die Art der Fragen erklären, was angesichts der jüngsten Wendung dieser traurigen Geschichte in Amesbury durchaus überraschend sein kann. Die Überraschung ist, dass sich keine der 10 Fragen auf den Fall Amesbury bezieht. Das mag seltsam erscheinen, aber es gibt einen sehr wichtigen Grund dafür.

Im Moment sind nur sehr wenige Details über den Fall Amesbury bekannt, und so ist nicht ganz klar, welche Fragen überhaupt gestellt werden könnten. Zwar sind die Details, die bisher in der offiziellen Erzählung aufgetaucht sind, etwa so schlüssig und plausibel wie die im ursprünglichen Fall, von denen ich hier bereits eine entlarvt habe. Was Herr Javid jedoch mit einem sehr cleveren Taschenspielertrick versucht hat, um seinen Fall von kognitiver Dissonanz zu vertuschen, ist, endgültige Behauptungen über Fall 2 auf der Grundlage der Annahme aufzustellen, dass Fall 1 irgendwie bewiesen wurde. Was natürlich nicht der Fall ist. Nicht einmal im Entferntesten. Tatsächlich gibt es eine Menge Fragen zu Fall 1, die noch nicht beantwortet wurden, und ich denke wirklich nicht, dass wir Mr. Javid und Co. vom Haken lassen sollten, bevor sie uns die Antworten darauf gegeben haben.

Aber weil wir anständig sind, wollen wir es ihnen sehr leicht machen. Stellen wir ihnen keine schweren Fragen. Zum Beispiel nichts wie „Komm schon, sag uns die Namen der Leute, die es getan haben“. Nein, begnügen wir uns stattdessen, indem wir ihnen einige bemerkenswert einfache Fragen stellen, auf die sie – oder zumindest die Metropolitan Police – die Antworten wissen müssen, wenn ihre Erzählung richtig ist, und das aus einem sehr einfachen Grund, wie Sie sehen werden. Also, los geht’s:

1. Wie waren die Bewegungen von Herrn Skripal und Yulia am Morgen des 4. März?

2. Warum wurden ihre Telefone ausgeschaltet?

3. Hat Mr. Skripal an diesem Tag jemanden oder etwas Verdächtiges in der Nähe seines Hauses gesehen?

4. Laut Zeugenaussagen in Zizzis schien Herr Skripal sehr aufgeregt zu sein. War das, weil er sich unwohl fühlte?

5. Laut Zeugenaussagen in Zizzis schien Herr Skripal in Eile zu sein. War das, weil er einen Termin einhalten musste?

6. Was hat Mr. Skripal getan, nachdem er Zizzis verlassen hat?

7. Kann er bestätigen oder abstreiten, dass das Paar, das auf der CCTV-Kamera in Market Walk gesehen wurde, von denen einer eine große rote Tasche trug, er und Yulia sind?

8. Hatten Sergei oder Yulia an diesem Tag eine große rote Tasche dabei?

Was sind seine letzten Erinnerungen, bevor er auf der Bank zusammenbricht?

Ist Herr Skripal bereit, eine öffentliche Erklärung abzugeben, die die oben genannten Fragen beantwortet, und wird es den Mitgliedern der internationalen Medien erlaubt sein, ihm Fragen zu stellen?

Und warum müssen sie die Antworten auf diese Fragen kennen? Ganz einfach. Denn alles, was sie tun müssen, um Antworten zu bekommen, ist Sergei Skripal zu fragen. Sie wissen, wo er ist, oder? Sie müssen ihn befragt haben, nicht wahr? Und Herr Skripal war sicher begierig darauf, sie zu beantworten, denn die Antworten, die er gibt, könnten entscheidend dazu beitragen, herauszufinden, wer ihn und seine Tochter vergiftet hat, nicht wahr?

Halten Sie eine Sekunde inne und denken Sie darüber nach. Hier sind wir, ein Drittel eines Jahres nach Skripal 1.0, nachdem sich sowohl Herr Skripal als auch seine Tochter vor Monaten erholt haben, und wir wissen immer noch nicht die Antworten auf diese grundlegenden, lebenswichtigen, aber außerordentlich einfach zu beantwortenden Fragen. Ist das nicht erstaunlich?

Ich könnte es ihnen sogar leichter machen, indem ich es auf eine Frage reduziere:

Wann wird die Welt von Herrn Skripal über die Ereignisse und Umstände des 4. März 2018 erfahren, von dem Zeitpunkt an, an dem er aufwachte, bis 16 Uhr am Nachmittag?

Komm schon, britische Regierung. Es ist wirklich nicht schwer. Oder zumindest nicht, wenn der von Ihnen vorgetragene Fall wahr ist. Fragt einfach Sergei. Aber da es immer noch keine Antworten auf diese einfachen Fragen gibt, scheint es wohl keine „plausible Alternative“ zu geben, sondern die Vermutung, dass sich euer Fall einfach nicht zusammenreimt. Deshalb liegt es an euch, sich zu erklären, und nicht an denen, die ihr beschuldigt.