Weine nicht um Argentinien. Es ist deine Tränen nicht wert

Weine nicht um Argentinien. Es ist deine Tränen nicht wert

von Stephen Karganovic, übersetzt von FritzTheCat.

Die Stichwahl bei den argentinischen Präsidentschaftswahlen hat zu eine Ergebnis geführt, das viele, die sich noch um Argentinien kümmern, als bedauerlich betrachten werden. Aber es gibt nicht wenige nüchterne Beobachter, die das Ergebnis als irgendwie verdächtig betrachten.

Der offensichtliche Gewinner ist ein schrulliger „libertärer“ Politiker, Javier Milei. Als ein Exzentriker und wandelndes Pulverfass ist Milei ideologisch schwer einzuschätzen. Er ist anscheinend von der Idee begeistert, seine verstorbenen Hunde zu klonen, und er selbst scheint ein Klon der widerwärtigsten Aspekte der libertären Bewegung Amerikas zu sein. Der Libertarismus ist in seinem Gedankengut so nordamerikanisch provinziell wie die Mormonen auf religiösem Gebiet und in seiner philosophischen Substanz genauso schal. Es wird sich zeigen, ob sich Milei als beständiger Ideologe der nebulösen libertären Doktrin erweist, die er vertritt. In diesem Fall sollte man unverzüglich mit dem Komponieren des Requiems für Argentinien anfangen.

Wenn Milei aber auch nur eine pragmatische Faser in seinem Körper hat, dann wird er schon bald nach seiner Amtseinführung den Rückwärtsgang einlegen müssen oder den Zorn der Öffentlichkeit spüren, die er mit seinen unverantwortlichen und messianischen Versprechen veralbert hat.

Noch schlimmer könnte für ihn sein, dass er für seine politischen Dummheiten vom immer noch starken argentinischen Militär bestraft werden könnte, das eine respektable Bilanz aufweist, aufmüpfige zivile Politiker zu zügeln, auch wenn sie nicht immer die notwendigen Fähigkeiten besitzen, um die von ihnen hinterlassenen Schlamassel wieder in Ordnung zu bringen.

Es gibt keinen Zweifel, dass Argentinien gegenwärtig tief in einem dieser Schlamassel steckt, in das es mit schöner Regelmäßigkeit versinkt. Die von diesem Scharlatan angebotenen Lösungen wurden im ersten Wahlgang von den Bürgern klugerweise angelehnt, und Milei kam nur auf 30% der Stimmen. Aber Mileis wilde Rhetorik muss unwiderstehlich gewesen sein, In der zweiten Runde kam er auf erstaunliche 55% der Stimmen (da stellt sich die angemessene Frage, ob die populären Dominion Wahlmaschinen nach ihrem glanzvollen Auftritt 2020 am Ende in Argentinien gelandet sind?).

Eine der brillanten Lösungen von Milei, die Abschaffung des argentinischen Peso und die Einführung des US-Dollars, könnte dem argentinischen Volk bald zum Verhängnis werden. Es wäre interessant, Mileis Erklärung zu hören, wie die Abschaffung der nationalen Währung, so fragil sie auch sein mag und es dennoch immer geschafft hat, sich durch Anwendung einer korrekten Finanzpolitik zu erholen und unter der Kontrolle der emittierenden Regierung steht, und ihre Ersetzung durch eine schwächelnde ausländische Währung, die unter der Kontrolle fremder Interessen steht, zur Lösung der Probleme Argentiniens beitragen soll. Lässt die libertäre Ideologie eine nationale Souveränität zu? Ist Milei darüber informiert, dass Ecuador vor nicht allzu langer Zeit seine nationale Währung zugunsten des Dollars aufgegeben hat, dass aber das Experiment für das ecuadorianische Volk im Großen und Ganzen mehr wirtschaftliche Unannehmlichkeiten als Vorteile mit sich brachte? Warum sollte es jetzt in Argentinien anders sein, und das zu einer Zeit, in der der Dollar seinen Status als Reservewährung und rapide an Wert verliert, und zwar weit mehr als zu der Zeit als Ecuador auf diesen Pfad des Vergnügens geführt wurde?

Hat Milei, der als Wirtschaftswissenschaftler gilt, einen globalen Finanztrend bemerkt, den ein reumütiger Jeffrey Sachs mit dem korrekten Namen „Entdollarisierung“ bezeichnet hat, und hat sich dieser auffällige Trend in irgendeiner Weise auf seine Überlegungen und die Wahl der Heilmittel für Argentiniens finanzielle Übel ausgewirkt?

Es gibt kaum Anzeichen dafür, dass dies der Fall ist oder dass die Warnungen nüchterner Wirtschaftsexperten die Formulierung der von Milei vorgeschlagenen Politik beeinflusst haben. Am Ende des Tages, mit ihrer neuen Ramschwährung in der Hand, werden sich die Argentinier vielleicht mit Nostalgie an ihre derzeitige Inflation von „nur“ 143% erinnern. Genauso wahrscheinlich ist es aber auch, dass sie den Rattenfänger, den viele von ihnen gewählt haben, mit Zorn betrachten werden.

Auch scheint sich Milei des anderen großen Zusammenbruchs in der heutigen Welt nicht bewusst zu sein, nämlich des unipolaren Systems, an dessen gefährdete Währung er die Geschicke seines Landes binden möchte, was darauf schließen lässt, dass El Clarín seine wichtigste politische Informationsquelle sein könnte. (Anm.d.Ü.: das argentinische Pendant zur BILD) Entgegen jedem Postulat der Klugheit (und manche würden sagen, auch des gesunden Menschenverstandes) hat Milei angekündigt, dass er als Präsident die Mitgliedschaft Argentiniens in den BRICS rückgängig machen will. Das öffentliche Bekenntnis zu diesem politisch kontraintuitiven Ziel deutet darauf hin, dass Milei möglicherweise mehr ist als nur ein exzentrischer libertärer Enthusiast und dass er in der Tat eine Figur ist, die absichtlich in das globale Spiel eingeführt wurde, um eine viel ernstere und störendere geopolitische Agenda zu fördern.

Es gibt heute nur wenige, die sich daran erinnern, dass Argentinien nicht immer der Kranke Mann der Pampa war und dass es vor über hundert Jahren in Bezug auf wirtschaftliche Stärke und Anziehungskraft mit den Vereinigten Staaten konkurrierte, als ein bevorzugtes Ziel für europäische Einwanderer. Die einst glänzenden Aussichten des Landes wurden durch die Kombination von Korruption und Dummheit seiner Elite und der Idiotie seiner verwöhnten Bevölkerung zunichte gemacht.

Argentiniens Niedergang und Fall spiegelt in vielerlei Hinsicht den Niedergang der Ukraine wider, die früher eine der fortschrittlichsten und wohlhabendsten Republiken der Sowjetunion war. Wie die Ukraine wurde auch Argentinien von seiner gierigen Elite in den Ruin getrieben, die ebenfalls aus egoistischen Motiven des kurzfristigen materiellen Gewinns handelte und sich freiwillig ausländischen, in Argentinien vor allem britischen, Gönnern und deren schillernder Kultur unterwarf. Die verblendete Bevölkerung folgte diesem Beispiel auf ihre eigene ignorante Art und Weise.

Die Schwierigkeiten beider Länder sind keineswegs das Ergebnis objektiver Notwendigkeiten, sondern das vermeidbare Resultat törichter Entscheidungen, die von der herrschenden Elite und ihren ebenso unverantwortlichen Untertanen gemeinsam getroffen wurden.

Unabhängig davon, welche Maschinen zur Stimmenauszählung verwendet wurden, hat Argentinien offensichtlich seine Wahl getroffen und muss nun tapfer die Konsequenzen seiner eigenen Entscheidung tragen. Es gibt keinen besonderen Grund, dafür Tränen zu vergießen, ebenso wenig wie über das tragische Schicksal seines selbstmörderischen Spiegelbildes in Osteuropa.

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