Erneuter Brandbrief an den deutschen Außenminister

Sehr geehrter Herr Steinmeier,
angesichts der vierfachen Erhöhung militärischen US-Aggressionspotenzials an der russischen Grenze seitens der US-Administration hat US-Kriegsminister Carter folgende unmissverständlichen Ausführungen gemacht. Als Grund hierfür gab er an:
„Russia and China are our most stressing competitors. They have devoloped and are ready to advance systems that seek to threaten our advantages in specific areas.“
Das heißt: Carter unterstellt weder Russland noch China, irgendein anderes Land auf diesem Globus in seiner Souveränität verletzen zu wollen, sondern nur, Waffensysteme zu besitzen, aufgrund derer sie nur der US-Macht nicht unterlegen sind. Weiter heißt es:
„And in some cases they are developing weapons and ways of wars that seek to achieve their obejectives rapidly, before they hope we can respond.
Because of this and because of their actions in Ukraine and in the South China Sea, DOD has elevated their importance in our defense planning and budgeting.“
„Defense“ aber heißt bei Carter nicht Verteidigung, sondern die kriegerische Absicht der Sicherung absoluter militärischer US-Vorherrschaft auf dem gesamten Globus. „Full Spectrum Dominance“ halt, was man im Deutschen nur mit „Weltherrschaft“ übersetzen kann.
Das ist so ungefähr genau die Begründung, die auch das Wilhelminische Deutschland für eine Kriegs-‚Notwendigkeit‘ gegen Russland und Nazideutschland für die „Operation Barbarossa“ gegeben hat. Die Sicherung der Vorherrschaft über die Energieressourcen Russlands als Garant imperialer Oberhand in Europa, für die ein nur begrenztes Zeitfenster übrig bleibe. Nun soll Russland unterworfen werden, um der US-Vorherrschaft über die gesamte Welt nicht im Wege zu stehen.
Und dass dies etwas ist, was die USA, sollte ihre unbegrenzte Hegemonie nicht mehr garantiert sein, tatsächlich vorhat, verbirgt Carter auch nicht: „We do not desire conflict of any kind with either of these nations. But let me be clear…“
Nein, die USA „wünschen“ dies nicht, aber sie „müssen“ nur leider, weil sie die eigene Dominanz für ein Naturgesetz halten. Kommt uns das nicht historisch bekannt vor? Am deutschen Wesen soll die Welt genesen – nur diesmal doch nicht am deutschen, sondern am US-amerikanischen „exceptionalism“?
Und offensichtlich steht auch schon der Zeitplan fest und der Initialpunkt klarer Kriegspläne:
„We are reinforcing our posts in Europe to support our NATO allies in the face of Russia’s aggression. In Pentagon Parlance this is called the European Reassurance Initiative and after requesting 800 million for last year, this year we are more than quadrupling it for a total of 3.4 billion in 2017. That will fund a lot of things: more rotational US-forces in Europe, more training and excercising with our allies, more preposition and war-fighting gear and infra-structure improvement to support all this.
And when combined with US forces in and assigned to Europe – which are also substantial – all of this together by the end of 2017 will let us rapidly form a highly capable combined ground arms force that can respond across that theater if necassary.“
Das kann man nur so verstehen, dass die USA für 2017 in der Lage sein wollen, eine Invasion Russlands zu beginnen. „Operation Barbarossa“, die zweite Auflage.
Dies würde auch zu anderen ähnlich lautenden Äußerungen von Alphatieren des US-Machtapparats passen. Zbigniew Brzézinski, politischer Berater dreier Präsidenten und Vater zahlreicher der operativ stets aktiven US-Botschafter in Osteuorpa, der bereits 1998 in seinem Buch „The Grand Chessboard“, zu dessen deutscher Ausgabe „Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ Hans-Dietrich Genscher 1999 das Vorwort verfasste, das Herauslösen der Ukraine aus dem russischen Einflussgebiet als wesentlichen Schritt zur endgültigen Ausschaltung Russlands als Gestaltungsfaktor auf dem eurasischen Kontinent bezeichnete, gab 2014 dem polnischen Fernsehen ein bezeichnendes Interview.
http://www.dragaonordestino.net/Drachenwut_Blog_DragaoNordestino/Freies-Konsensforum/Freies-Konsensforum_arquivos/Die-einzige-Weltmacht.pdf
Befragt von der polnischen Moderatorin, ob nicht die USA sich mit ihrem „Pivot to Asia“ von Europa zurückzögen, antwortet Brzèzinski, dies sei falsch verstanden worden. Das Interesse der USA an Asien sei strategischer Natur, das an Europa auch, aber die Interessen der USA hieran wären auch substanzieller Natur und lägen im Nutz- oder Gebrauchswert Europas, der nicht unmittelbar zur Liquidation anstehe. Offensichtlich ist diese „Liquidation“ für 2017/18 vorgesehen.
Aufschluss gibt auch der Reader der „Joint Air & Space Conference. Air Power and Strategic Communications. NATO Challenges for the Future“ zur Konferenz des in Kalkar angesiedelten ‚Exzellenzcenters‘ der Nato in Essen vom 23.-25. November 2015, die der propagandistischen Zubereitung der europäischen, besonders aber der kriegsmüden deutschen Bevölkerung für einen Krieg gegen Russland gewidmet war. Denn Russland als Feind ist hier das Zentrum der auf die eigene Bevölkerung zielenden ‚Informationskriegsführung‘ mit der Anbsicht „to strengthen the will of our own people, to weaken the will of our enemy and to gain support of people around the world“ während eines aktiven Kriegs. Die propagandistische Vorbereitung auch der europäischen Bevölkerung über die Medien soll dabei der ehemals bei der CIA, nun im Pentagon angesiedelten Abteilung USIA (US Information Agency) unterliegen, die noch aus dem Kalten Krieg stammt: „That the public in some key NATO countries [besonders machen sich da die Veranstalter Sorgen um die laut der PEW-Umfrage von 2015 so wenig Russland hassenden und die NATO mögenden Deutschen] do not understand the fundamental requirement for NATO collective defense means that NATO needs a fundamental revision of strategic communication fameworks. NATO needs to commit far more resources and effort to basic communication with the public. […] The simple solution would be to revive the USIA to lead the information operations and strategic comunications in twenty-first century conflicts.“ Offensichtlich hält man den US-amerikanischen Zuchtmeister im 21. Jahrhundert für geeigneter als heimische Exemplare, um die deutsche Bevölkerung als Schafe zur Schlachtbank zu führen, wenn’s so richtig ans Sterben geht:
„Nato strategic communication […] must aggressively challenge the narratives of NATO’s opponents […], but NATO must be careful not to emphasize the need for relatively bloodless campaigns.“
https://www.japcc.org/wp-content/uploads/JAPCC_Conf_Read_Ahead_2015_web.pdf
Es kann also wenig Zweifel daran bestehen, dass die USA offensichtlich den Beginn eines Krieges gegen Russland konkret planen. Die Stationierung neuer Atomwaffen bei Büchel in der Eifel, zusammen mit den Überlegungen des dem Pentagon unterstehenden Thinktank CSIS, Nuklearwaffen zu verwenden, macht ziemlich deutlich, dass dieser kombiniert konventionell und nuklear geführt werden soll. Da allem leeren Gerede über „russische Aggression“ zum Trotz jeder weiß, dass die russische Regierung niemals ein NATO-Land anzugreifen gedenkt, ist dies aber das – nach der Erfahrung des Nazismus – größte Verbrechen, das ein Staat begehen kann, nämlich die Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges – wieder gegen Russland. Im Urteil des Nürnberger Gerichtshofs gegen verantwortliche Nazigrößen wurde dieses Verbrechen als Initialpunkt und Ursache aller anderen Kriegsverbrechen erachtet, die in der Folge im Namen Deutschlands verübt wurden. Will die deutsche Regierung dabei Beihilfe leisten?
Angesichts der mehr als nur beunruhigenden Zeichen erwarten die Bürger der Bundesrepublik Deutschland von Ihnen eine klare Ansage, an welchem Punkt die Bundesregierung gedenkt, ihren Kadavergehorsam gegenüber ihrem von allen guten Geistern verlassenen ‚Bündnispartner‘ aufzukündigen und wirklich, wie es Artikel 26 (1) GG ihr aufgibt, den Frieden in Europa zu verteidigen – auch gegen die USA. Denn ein Menschheitsverbrechen ist um keinen Deut besser, wenn es sich statt mit dem Hakenkreuz mit Stars & Stripes schmückt.
Wir haben ein Recht darauf, dass Sie sich erklären. Wir haben ein Recht darauf, dass unsere Regierung sich an die Geschäftsordnung, nämlich das Grundgesetz, hält, an das sie in ihrer Amtsautorität gebunden ist. Wir haben ein Recht auf Frieden. Und wir haben ein Recht darauf, nicht erneut für himmelschreiendes Unrecht selbst geschlachtet zu werden.
Also: erklären Sie sich, Herr Außenminiser, bevor es für uns alle zu spät ist!
Mit besorgten Grüßen,
Anja Böttcher